Die Bekanntgabe von Mark Zuckerbergs Vision des Metaverse war ein großer Knall, die Vorstellung aber lässt den Kopf qualmen. Das Metaverse hat viele, surreal erscheinende Versprechungen gemacht. Und wir fragen uns: Welche Bedeutung hat die neueste technologische Entwicklung für das Marketing?
Mit der Namensänderung von Facebook in Meta erweckt Zuckerberg eine eigentlich unglaubliche Vision zum Leben. Das Metaverse soll eine Parallelwelt zum echten Leben werden, die Verschmelzung der realen und digitalen Welt steht auf der Agenda. Das Interesse war sofort enorm. Logisch, denn Zuckerberg hatte bereits mit Facebook im Jahr 2004 den ersten Meilenstein für digitalen Austausch gesetzt. Facebook wird monatlich immer noch von 2,5 Milliarden Menschen benutzt (Stand 2019), Tendenz sinkend. Eine neue Vision muss also her.
Das “Oho” war deutlich zu vernehmen. 667.000 Tausend Anfragen nach dem Metaverse bei Google unterstreichen das deutlich. Klar ist auch, dass der Augmented Reality / Virtual Reality Markt einiges an Potenzial bietet. Das lässt sich auch an den steigenden Nutzerzahlen erkennen.
Noch handelt es sich beim Metaverse mehr um Theorie, als um Praxis. Allerdings gibt es einige übereinstimmende Aussagen, was für Veränderungen wir erwarten können. Es lässt sich vermuten, dass wir eine Entwicklung zu einem 3D-Feed erleben werden. Es handelt sich um eine vollständige, virtuelle Welt. Menschen werden in Form von Avataren, also als eine künstliche Person oder Grafikfigur, in dieser Welt agieren. Dieser Welt sind grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Vom Einkaufen in der Mall, über Konzerte, Sportevents oder Safari-Trips ist wirklich alles denkbar.
Schon jetzt kann man sogenannte Non-Fugible-Tokens (NFT) kaufen: Es handelt sich hierbei um digitale Kunst, Musik oder Einzelobjekte aus der Gaming-Welt. Diese können bspw. als digitale Wandgemälde in den eigenen (digitalen) vier Wänden aufgehängt werden. Klingt alles ziemlich wild und vor allem schwer in der Vorstellung. Dennoch ist es näher, als wir glauben: Der NFT-Markt hat in 2021 bereits 40 Mrd. $ (!) umgesetzt.
Mit dem Metaverse wird auch der VR-Brille eine nochmals erhöhte Bedeutung zu kommen. Mit ihr taucht der Mensch in eine neue Welt ein und blendet die Umgebung vollkommen aus. Man kann virtuell greifen und ablegen und nach links und rechts gucken. Möglich ist das natürlich nur mit einem hochleistungsfähigen Computer. Eins ist also auch schon mal klar: Das Metaverse wird für die Nutzer ein teurer Spaß. Hier wirkt Meta aber auch gegen: Nach dem Aufkauf von Oculus, dem führendes VR-Brillen Hersteller, wird geplant diese für weniger als $ 100 zu verkaufen.
Geredet wird viel, gesagt ist aber nichts. Bei Aussagen über technologische Neuheiten kann (nach dem jetzigen Stand) nur spekuliert werden.
Schon die oben aufgeführte Statistik lässt erahnen, dass das Metaverse auch für das Marketing ein neuer Meilenstein sein wird. Ein neues soziales Ökosystem hat immer eine eigene Sprache, die wir Marketer lernen müssen. Der marketingorientierte Wert der Millennials ist enorm. Das bekräftigen die Unsummen, die TikTok-Influencer für ihre Werbung oder gesponserten Beiträge erhalten. Vor allem im B2C-Bereich werden sich neue Wege eröffnen.
Millennials & die Generation X werden wohl vorerst der Fokus der neuen Marketing-Möglichkeiten sein. In diesen Zeiten muss der innovative Marketer ein Pionier sein und experimentieren. Er muss das Marketing Playbook des Metaverse erst noch schreiben. Wie schon gesagt: Die Möglichkeiten im Megaverse sind unbegrenzt. Deswegen ist es logisch, dass sobald das Metaverse für jeden zugänglich ist, die Entwicklung noch (lange) nicht abgeschlossen sein wird. Das macht das ganze allerdings nicht weniger spannend!
Denkbar ist auch, dass Targeting viel spezifischer stattfinden kann. Im Metaverse ist Mark Zuckerberg nicht mehr dem “Privacy-Fetisch” von Apple ausgeliefert- und kann endlich: tracken, tracken, tracken (Stichwort: iOS 14-Feature “Tracking ablehnen”). Grundsätzlich liegt auch genau hier ein Punkt, der Experten im Hinblick auf die Zukunft Sorge bereitet. Der Datenschutz wird schwieriger, das zu schützende Gut bewegt sich immer näher an die Persönlichkeit hinter dem virtuellen Avatar. Es lässt sich gespannt abwarten, wie Meta diese Schwierigkeiten ausmerzen will. In Zeiten der Einschränkung von Data-Mining wird Meta hier mit Sicherheit auch ein gewisses Eigeninteresse verfolgen. Und Mark ist auch nicht gerade bekannt für den Schutz von Privatspähre (Cambridge Analytics).
Marketer werden im Metaverse vermutlich eine unglaubliche Bandbreite neuer Möglichkeiten erhalten, mit der Zielgruppe in Kontakt zu treten. Über aktive Communities, Spiele oder Aktivitäten bis hin zu ganzen digitalen Events. Die Grenzen sind hier noch nicht definiert. VR, AR und KI werden in Zukunft Teil einer erfolgreichen digitalen Marketingstrategie werden müssen.
Auch digitale Güter (also NFTs) könnten für das Marketing relevant werden, um die Bekanntheit der eigenen Brand zu steigern. Es ist denkbar, dass Firmen eigene Projekte auch als digitales Element zur Verfügung stellen und damit Teil dieses neuen Trends werden.
Das Marketing wird sich mit dem Metaverse wandeln, so viel ist klar. Die Interaktionen mit einem potenziellen Käufer läuft nicht mehr über Werbebanner oder Videos, sondern Face-to-Face. Die zu beantwortende Frage lautet doch: Wie funktioniert die Werbung im Metaversum? Um diese große Frage zu beantworten, müssen wir die traditionellen Werbetheorien in dieser neuen Welt testen, replizieren und erweitern. Dieser Prozess erfordert nicht nur qualitative Beobachtungen und Konzeptualisierungen, sondern auch empirische Daten. Der Weg ist lang.
Eins ist aber klar: Es ist eine unglaubliche spannende Zeit, um Marketer zu sein.
Mark Zuckerberg plant von einem Werbung-basierten "Bidding-System" zu einem transaktionalen Güter-basierten Geschäftsmodell zu wechseln. Facebooks primäre Umsatzquelle wäre dann nicht mehr Werbung, sondern eCommerce. Eins ist klar: Menschen sind inzwischen bereit, für digitale Objekte viel Geld auszugeben.
Auch das Influencer Marketing wird sich nach einer potentiellen Etablierung des Metaverses massiv verändern. Obwohl die Disziplin selbst noch recht neu ist, lässt sich im Metaverse ein milliardenschweres Potenzial erkennen.
So wie auch die Marketer erhalten Creator neue Möglichkeiten, um mit ihrem Publikum zu interagieren. Post for rent, eine niederländische Influencer Agentur, hat schon ein “Decentraland” gebaut, das für Influencer die Brücke zwischen der realen und digitalen schlagen soll. Bisher gesetzte Grenzen verschwinden: Fitness-Influencer machen dir nicht nur Übungen vor, du trainierst mit ihnen zusammen. Die Rezepte des Koch-Influencers kochst du mit ihm zusammen, Reise-Influencer können ihre Eindrücke viel intensiver mit ihrer Community teilen. Es ist sogar denkbar, dass Influencer keine reale Persönlichkeit mehr brauchen, sondern lediglich eine Simulation sind, also den Faktor Mensch verlieren. In Zeiten von KI ist hier wirklich alles denkbar. Von KI gesteuerte Corporate Influencer könnten hier endlich jeder Firma die Chance eines starken internen Meinungsführers versprechen.
Influencer-Marketing ist eines der Themen, welches über eine verdammt hohe Schlagkraft im Metaverse-Marketing verfügt.
Dass die Vorstellungen vom Marketing im Metaverse nicht so surreal sind, wie sie vielleicht scheinen, haben schon einige Pioniere zeigen können. Prominente Beispiele und die dem Metaverse wohl am nächsten kommenden Plattformen sind Roblox & Fortnite.
Fortnite ist ein Koop-Survival Spiel, in dem verschiedene Avatare genutzt werden können. Schon diese haben haben es in sich: Fußballvereine etablieren hier ihre Spieler & Trikots, Avenger- oder Spiderman-Avatare weisen mit den Skins auf neue Filme hin. Alleine oder in Teams kämpfen die Spieler gegen andere Online-Gegner aus der ganzen Welt.
Im Februar 2019 spielt der Musiker Marshmello hier das erste digitale Konzert und erreichte damit 10 Millionen Menschen. Ein zweiter Auftritt Ende 2019 schauten sich 300.000 Menschen in der digitalen Welt an. Travis Scott’s Konzert im April 2020 erreichte unglaubliche 27,7 Millionen Menschen. Potenzial erkannt, Potenzial genutzt: Halloween 2020 hielt J Balvin Konzert ab, im August letzten Jahres folgte dann noch Ariana Grande. Fortnite hat hier eine völlig neue Idee vom digitalen Zusammenleben erfolgreich etabliert.
Roblox hingegen ist eine Online-Spieleplattform, wo Nutzer eigene Spielmodi erschaffen können und im Internet gegen andere Nutzer spielen. Viele davon sind Simulationen aus dem Alltag, z.B. aus Arbeiter bei einem Pizzabäcker oder in einem Supermarkt. Nach Startschwiergkeiten verfügt Roblox heute über zwei Millionen Creator und 11 Millionen verschiedene Modi. Besonders in der Pandemie war der Zuwachs enorm. Seit August 2020 verzeichnet Roblox über 164 Millionen aktive Spieler.
Die Game-Creator können auch Firmen sein: Vans etablierte einen Skatepark, Louis Vuitton ein Endless-Runner Spiel. So könnte wirksames Marketing in der Zukunft aussehen.
Einen anderen Maßstab setzte Dimension Studio mit der ersten digitalen Anprobe. 106 Kameras umgeben die Person, die innerhalb von Sekunden zu einem digitalen 360-Grad-Menschen gescannt wird. Diese 3D-Aufnahme kann dann in virtuelle Welten, von VR bis hin zu Spielen übertragen werden.
Das englische Start-Up erwirtschaftete Erträge im sechsstelligen Bereich. Heute kann sich Dimension Studio vor Anfragen kaum retten: Über Anproben und Games geht die Reise hin bis zu Showrooms. Aber auch Bands oder Broadcasts können sich hier in eine digitale Welt übertragen lassen.
Der Wandspruch “Innovative Marketer müssen Pioniere sein” wird hierdurch einmal mehr in seiner Wichtigkeit unterstrichen.
Das Metaverse wird den Horizont für Marketing immens erweitern. Noch heißt es warten & Tee trinken. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass nach den klassischen Social Media Plattformen Facebook und Instagram eine neue Dimension digitaler Interaktion erreicht wird. Mehr sogar: Das Metaverse könnte der (bisherige) größte Meilenstein in der Technologiebranche werden. Das Marketing wird sich hier einmal mehr anpassen und auch innovieren müssen. Nur wer wagt, wird gewinnen.